Zum vorgehenden Tag der Tour...
2.TagAm 2. Tag war wieder Traumwetter angesagt. Wir frühstückten mit dem schon erwähnten Ausblick
auf die Villacher Region und brachen mit relativ geringer „Verspätung“ auf. Dieses morgendliche Antreiben war leider nötig (und auch lästig), aber letztendlich unvermeidbar, denn sonst wären wir immer wieder in Zeitnot geraten. Die Gruppe A bestand an diesem Tag aus Ralf, Thomas, Roland, Erich und mir. Der Weg zum Wurzenpass war schnell zurückgelegt.
An der Grenze fuhr ich im Schritttempo an dem österreicherischen Grenzhäuschen vorbei, der Zeitung lesende Beamte schien sich ja nicht für mich zu interessieren. Ein lautes „Halt!“ erschallte aus dem Häuschen und der kärntnerisch/bairische Austausch von Liebenswürdigkeiten ging in die zweite Runde. Nach einer gründlichen Überprüfung der Papiere durften wir endlich aus Österreich ausreisen (!). In Slowenien ging die Einreise mit einem Durchwinken über die Bühne. In Kranska Gora ging es hinauf zum Vrsic Pass, eine landschaftlich sehr schöne Strecke, die z.T. in Haarnadelkurven mit Kopfsteinpflaster. Die Passhöhe war zugeparkt und mit Leuten überschwemmt, wobei der Grund nicht ersichtlich war. Die Abfahrt ist ein Leckerbissen, im Gegensatz zur Auffahrt mit gutem Asphalt und netten Kurven.
Die Fahrt in Richtung Predelpass war einfach traumhaft: Eine ursprüngliche Landschaft, unbegradigte Landstrassen, ein Mordswetter ließen das Dahinbrausen eher als ein Dahingleiten erscheinen, ein echter Genuss also.
Die Auffahrt zum Predelpass stellte den Abschluss dieses Abstechers nach Slowenien dar. Von nun an ging es immer nach Westen. Über Sella Nevea ging es nach Stauli Gnivizza, über breite und schmale Landstrassen. Wir ließen einiges aus, weil der Weg noch lang war. Wir waren schon im Friaul und kurz vor Tarcento holten wir die Gruppe B ein. Wir fuhren ein Stück zusammen, aber plötzlich waren sie nicht mehr zu sehen und auch längeres Warten (es wurde langsam ziemlich heiß in der Isonzoebene) brachte keinen Erfolg. Wir fuhren also alleine weiter nach San Daniele, zur Heimat des berühmten Schinkens. Am Stadtplatz hielten wir an einer Prosciutteria und suchten Schutz unter einem großen Sonnenschirm, da es langsam grimmig heiß wurde. Ich bestellte eine Platte mit frisch geschnittenem Schinken, Käse, Brot und Wasser, Wasser, Wasser und wir ließen es uns so richtig schmecken.
Die Metallplatte mussten wir aus der Sonne stellen, da sonst der Schinken in kürzester Zeit geröstet worden wäre. San Daniele Schinken wird ja von Gourmets oft noch höher als der Parmaschinken geschätzt, und wenn man dann vor Ort ist, dann schmeckt's noch mal so gut. So ein Spaß kostet natürlich, denkt man sich, doch als ich zahlen wollte, mussten wir nur 18 Euro berappen…zu fünft! So gestärkt ging es wieder weiter, nicht ohne dass Ralf den Stadtplatz am Design seiner Unterhose teilhaben ließ.
Über kleine Strassen gelangten wir zur Auffahrt zum Forcella di Monte Rest, unterwegs überholten wir wieder die Gruppe B. Die Abfahrt war wieder ein Leckerbissen, Kurve an Kurve gereiht. Die zahlreichen Bremsspuren vor den Kurven deuteten darauf hin, dass hier vor kurzem eine Rallye stattgefunden hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite ging es wieder zum Passo di Pura hinauf. Ich fuhr mittlerweile nur noch tuckernd dahin, weil keine Tankstelle zu finden war und der Sprit bald alle war. Zu meiner Überraschung fanden wir eine Tankstelle, die auch noch offen war.
Und Wasser verkauften sie auch noch. Auf dem Weg zum Razzo Sattel erwartete ich die Schotterpiste, welche die einzige nicht asphaltierte Strecke heute sein sollte. Zu meiner Überraschung empfing uns eine frisch geteerte und ausgebaute Strasse, die zwar schön zu fahren, aber dennoch ein wenig enttäuschend war, da die alte Piste sehr hübsch war. Über Sella Ciampigotto und Pieve di Cadore ging es hinauf zum Passo di Cibiana, auf dem ganz schön was los war. Wir legten eine Kaffeepause ein und sammelten noch einmal einige Kräfte, da wir wussten, dass noch einiges vor uns lag. Es blieb daher auch nichts anderes übrig, als ein paar Schlenker auszulassen, wenn wir noch zu einer vernünftigen Zeit an unserer Herberge ankommen wollten. Trotzdem ließen wir uns den Passo Duran nicht entgehen, immer wieder ein Genuss. Bei Trichiana wurde Landschaft etwas flacher und wir strebten dem letzten Pass des Tages zu: dem Passo di San Boldo. Die nördliche Zufahrt verläuft relativ flach, aber die Strasse nach Süden ist wirklich spektakulär, laut Denzel „einer der kuriosesten Alpenpässe“. Die Strasse windet sich über fünf Kehrtunnels 400 m nach unten, wobei die Kurven in Tunneln liegen. Da die Fahrbahn sehr schmal ist, muss an einer Ampel gehalten werden und nur ein einspuriger Verkehr ist möglich. Unten angelangt befanden wir uns bereits in der Poebene, in der wir an den sanften Hügeln, an denen die Trauben für den Prosecco wachsen, vorbeifuhren. In Valdobbiadene machten wir am Stadtplatz noch einmal etwas Rast, leider wollte niemand mehr kurz einkehren um einen Prosecco zu schlürfen.
Alle waren zu groggy also sammelten wir noch einmal Kräfte für den Endspurt, es waren nur noch 25 km. Kurz darauf kamen wir endlich an unserer Herberge, der Locanda Montegrappa an, eine nette Unterkunft mit sehr freundlichen Besitzern. Von der Gruppe B war natürlich weit und breit noch nichts zu sehen. Wir bezogen unsere Zimmer und gönnten uns erstmal die wohlverdiente Dusche. Das war auch nötig, denn nach 500 km, zum Schluss in der Schwüle der Poebene, rochen wir nicht gerade nach Rosenduft. Ich saß bereits erfrischt am Tisch auf der Terrasse, als endlich die Gruppe B eintraf. Nachdem diese auch in präsentablen Zustand zu Tisch kamen, konnte die Schlemmerei endlich beginnen. Da fällt mir gerade das weiße Miniturnhöschen von Ralf ein, mit dem er sich abends immer blicken ließ. (da winkt der Zaunpfahl: das nächstemal die Leinenhosen und Lacklederschuhe mitnehmen...) Mit grünen Addidasstreifen auf der Seite. Das ist Punk. Endlich konnte der interessante Teil des Abends beginnen. Es war Menü angesagt, dazu gab es Prosecco aus der Karaffe. Es gab Antipasti, Pasta, Zwischengericht, Hauptgericht, Dolci, caffè…leider ist mir die genaue Speisenfolge nicht mehr geläufig, aber es war auf alle Fälle saulecker. Danach ging es in die Heia, müde genug waren wir ja. Leider sollte diese Nacht zu einer meiner schlimmsten überhaupt werden. Wir hatten ein großes Zimmer in dem wir zu viert grunzten. Der Duft war wie erwähnt nicht vom feinsten, das Fenster konnten wir aber nicht öffnen, da es furchtbar schwül war. Wenigstens hatten wir eine Klimaanlage im Zimmer. Irgendwann in der Nacht wurde ich von einem lauten Knall neben mir auf dem Schlaf gerissen. Schlaftrunken, aber mit einem Puls von 180 wurde mir klar, dass Martin neben mir nicht wegen des üppigen Abendessens explodiert war, sondern nur einen Niesanfall bekommen hatte. Mit dem Einschlafen war es aber vorbei. Die Klimaanlage hatte sich ausgeschaltet, es wurde furchtbar heiß. Martin stand auf und suchte laut raschelnd etwas in seinen Sachen im Dunkeln. Ich drehte die Klimaanlage runter. Der Luftzug war unangenehm. Als ich endlich nach langer Zeit wieder kurz vor dem Einschlafen war, fing es neben mir an zu beben. Martin schnarchte! So ein penetrantes, bösartiges Schnarchen. Ich wühlte in meinen Sachen nach meinen Ohrstöpseln, konnte sie aber nicht finden. Zermürbt verließ ich mit meiner Decke das Zimmer und suchte Zuflucht im Bad, die Badewanne war mein Ziel. Leider war sie zu kurz und ich musste die Füße raushängen lassen. Das ging aber auf Dauer nicht gut und ich kauerte mich in der Embryonalstellung in die Wanne. Nein, das war auch nichts. Also wieder die Füße aus der Wanne hängen lassen. Das ging eine Weile so dahin, bis ich dem Wahnsinn nahe mich auf dem Fußboden niederließ. Dort fand ich dann für den Rest der Nacht (eine Stunde) endlich den wohlverdienten Schlaf. Beim Aufwachen war ich ganz damisch, wie man bei uns so sagt: Ich hatte über dem Warmwasserrohr geschlafen. Nach dieser Horrornacht konnte der 3. Tag also nur besser werden.