6.Tag
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Am 6.Tag standen wir wie üblich früh auf und mussten feststellen, dass Mario schon angekommen war. Bald waren alle fertig versammelt und es konnte (bei bestem Wetter natürlich) losgehen. Die Gruppe A bestand diesmal aus Johannes, Mario, Matthias, Ralf und mir. In der Hektik der Abfahrt hatten wir leider vergessen, uns von Thomas zu verabschieden. Zur Einstimmung war erstmal der Große St. Bernhard angesagt. Munter ließ ich es laufen und bald war von den Mitfahrern nichts mehr im Rückspiegel zu sehen. Da tauchten plötzlich Peter und Mario auf undkamen schnell näher. Tja, die hatten Leistung satt. Da hilft nur noch eins: Gaaaas! Immer schön über 6000 Touren halten, dann geht schon was. Ich hielt tapfer dagegen, da tauchte auch schon die Passhöhe auf. Nach und nach trudelten alle ein und wir machten eine Rast.
Die Abfahrt führte vorbei an Ständen mit kleinen Plüschbernhardinern, was es alles gibt! Unten in Aosta bogen wir nach rechts ab und mussten ein Stück auf der belebten Hauptstrasse das Aostatal hinauffahren. In Morgex bogen wir zum Colle San Carlo ab. Kleine kurvige Sträßchen und auf der Passhöhe war ein Mordsbetrieb. Ich hielt an und versuchte die anderen davon zu überzeugen, einen Fußmarsch zum Tete d'Arpi zu wagen. Nach längerem Zureden konnte ich schließlich Ralf überreden mitzukommen. Schnellen, festen Schrittes strebten wir nach oben. Es war etwas weiter wie gedacht, aber nach einer Viertelstunde waren wir am Ziel: Ein Wahnsinnsausblick auf das Mont Blanc Massiv!Das war die Mühe tatsächlich Wert gewesen, dem Denzel sei Dank. Beim Zurückmarsch kamen uns Matthias und Johannes entgegen, die es auch wagten und dann auch belohnt wurden.
Die Weiterfahrt führte uns zum Kleinen St. Bernhard und weiter uns Tal nach Bourg-St. Maurice. Dort wurde es natürlich wieder knackig heiß. Im Tal entlang fuhren wir weiter bis Moutiers, wo wir uns um einen Platz zum Mittagessen umsahen. Am besten im Schatten, es wurde langsam schweinisch heiß. Am Marktplatz fanden wir dann das richtige Bistrot unter Sonnenschirmen zum Schlemmen.
Johannes und ich beschlossen nach dem Mittagessen zu zweit die Auffahrt zum Mont Jovet zu wagen. Die anderen wollten lieber auf befestigten Wegen weiterfahren und so einigten wir uns zu trennen und uns abends wieder im Hotel zu treffen. Nach einem Auftanken (langsam wurde es wirklich unerträglich heiß) machten Johannes und ich uns an den Höhepunkt des Tages: Den Ausflug zum Refuge du Mont Jovet, laut dem hl. Denzel ein Leckerbissen. Zuerst über Teerstraßen, später über Waldwege, ging es nach oben. In einem Waldstück wurde es so geländegängig, dass ich sogar aus dem Sattel musste.
Dieser Abschnitt war aber bald wieder zu Ende und außerhalb des Waldes standen wir plötzlich vor einer Abzweigung und wussten nicht wo es lang ging. Der Wegweiser lag in der Wiese und wir mussten raten wo er mal lang gezeigt hatte. Die Straße war anspruchsvoll, aber nicht überanstrengend. Die Aussicht war sehr hübsch, man hatte Zeit, sich ein bisschen umzusehen.
So langsam dämmerte uns, dass wir vielleicht doch die falsche Abzweigung genommen hatten. Als der Weg wieder nach unten führte, war die Sache klar. Na gut, wir hatten das letzte Stück zum Refuge verpasst, waren aber trotzdem auf unsere Kosten gekommen. Die Abfahrt ins Tal über Notre Dame de Pré entschädigte uns dafür. Die Kurven schienen kein Ende zu nehmen und die aufkommende Hitze nötigte uns eine Abkühlung in einem Brunnen zu nehmen. Endlich im Tal angelangt passierten wir wieder Moutiers und machten uns auf den Weg zum Col de la Madeleine. Die Strecke war eigentlich für die XBR sehr schön, kurvig, schmal, nette Straßenführung. Leider war fast die ganze Auffahrt mit dickem Rollsplitt gepflastert, es ging also im Zuckeltempo rauf. Auf der Passhöhe machten wir eine fällige Kaffeepause. Dabei bemerkten wie hinter uns eine riesige schwarze Wolkenfront näher kam, zum ersten Mal auf der ganzen Tour.
Wir machten uns also lieber auf die Socken. Der aufkommende Wind ließ nicht Gutes erahnen. An der Abzweigung zum Col de Chaussy, der uns zur Montvernier-Serpentinenstraße führen sollte fing es auf einmal zu tröpfeln an. Wir suchten schnell das Weite und fuhren weiter ins Tal nach la Chambre und dort gleich auf die Autobahn, um dem Gewitter zu entkommen. Als wir aber um eine Kurve bogen war ungefähr einen Kilometer vor uns eine Wand aus Regen. Das sah nicht gut aus!
Wir hielten sofort auf dem Standstreifen an und zogen unsere Regenkleidung an, was bei dem aufkommenden Wind gar nicht so einfach war. Plötzlich hielt hinter uns ein Autobahnfahrzeug, aber nicht um uns anzuscheißen, sondern um uns mit dem Transporter und Blinklicht Deckung zugeben. Als wir endlich angezogen waren, wagten wir uns in das Inferno. Es schüttete aus allen Kübeln und man musste höllisch aufpassen, auf der glitschigen Straße nicht buchstäblich „umgeweht zu werden. Die nächste Zahlstelle stellte ein Problem dar, da ich mein Ticket nicht finden konnte!&%“$§?&!! Irgendwann tauchte es dann doch auf und es konnte weitergehen. Langsam ließ der Regen nach, aber der nächste Guss war gewiss. Es machte also keinen Sinn, über den Col du Mont Cenis zu fahren, stattdessen kürzten wir durch den Tunnel de Frejus ab. Ziemlich langer Tunnel und ziemlich schlechte Luft (hust). Auf der anderen Seite angekommen waren wir auch schon im Piemont. Der Regen hatte dort aufgehört und so fuhren wir die letzten Kilometer runter nach Susa. Das Hotel Napoleon fanden wir gleich, die anderen waren natürlich schon längst da. Wir gesellten uns also zu Peter ins Zimmer und fingen an die nassen Sachen an allen verfügbaren Stellen aufzuhängen. Wenn es aus Eimern gießt, geht es einfach irgendwo nass rein. Eine heiße Dusche brachte uns wieder unter die Lebenden. Mit unserem obligatorischen Alpentour T-Shirt machten wir uns alle zusammen auf den Weg etwas Essbares zu finden, was gar nicht so einfach war, entweder waren wir zu früh dran oder es war schon alles besetzt. Schließlich fanden wir unter Arkaden eine einfache Wirtschaft die uns doch alle satt brachte. Für Piemont na ja, aber wir gaben uns damit schon zufrieden. Bei der Rückkehr im Hotel traf uns beinahe der Schlag, als wir die Tür zum Zimmer aufmachten: Es roch ungefähr so wie eine Bärenhöhle zu Ende des Winters. Der literweise vergossene Schweiß der vergangenen Tage und der Gammel der feuchten Motorradklamotten ergab eine explosive Mischung, die einem den Atem raubte. Nach Luft schnappend rissen wir das Fenster auf, aber draußen war es ziemlich kühl, ein etwas ungewohntes Gefühl, denn durch den Wolkenbruch hatte es ganz schön abgefrischt. Die Lösung war das Fenster zu kippen und die Heizung aufzudrehen.