12. XBR-Alpentour 2005
Autor: Robert Koeber
1.Tag
Am Morgen trudelten alle Mitfahrer in Miesbach ein und bei nasskaltem, feuchtem Wetter fuhren los: Gernot, Peter, Christian, Jo, Robert, Martin, Richard, Harri, Mario und Hans. Die Abfahrt war etwas später wie geplant, und nicht in zwei Gruppen, sondern zusammen.
Über das malerische Leitzachtal und den Ursprungpaß führte die Route über den Hinterthiersee ins Inntal nach Kufstein, anschließend nach Mariastein und schöne Bauernstrassen nach Kundl. Dort wurde billig getankt, ich mußte aber feststellen, dass ich den Geldbeutel zuhause vergessen hatte. Mario wurde von mir überredet das Töff zu tauschen, um schneller zuhause zu sein. Die anderen fuhren inzwischen weiter zum Pass Thurn.
Auf der Autobahn wurde nach Hause gedonnert, dabei festgestellt, dass der Urlauberverkehr in der Gegenrichtung nach Süden dramatische Formen angenommen hatte. Die Börse geschnappt und wieder los, dabei auf flotten Landstrassen ins Inntal gedüst, den großen Stau umfahrend. Kurz hinter Kufstein fings dann leider zu regnen an, die Fahrt nach Kufstein und zum Pass Thurn wurde es immer schlimmer. Auf dem Pass war aber weit und breit niemand zu sehen, außer ein paar durchgefrorenen Radfahrern. Eine Nachricht auf der Mailbox: weitergefahren hinter den Felbertauern. Hinterher, runter nach Mittersill, rauf zum Felbertauern, runter in Osttirol, dabei wurde es trocken. Die anderen spachtelten gerade in Huben und ich stoß noch rechtzeitig dazu um etwas Nahrung einzuwerfen.
Das Wetter war sehr frisch als es durchs Defreggental hianuf zum Stallersattel ging. Oben verpassten wir gerade die Durchfahrt und mussten ein halbe Stunde auf die nächste Einfahrt warten. Einigen war es zu frisch und man wärmte sich in der Hütte bei einem Heißgetränk. Kurz vor der Weiterfahrt – wir standen in erster Reihe – quetschten sich unverschämterweise beim Warten an der Ampel zwei BMW-Schiffen an uns vorbei. Zur Strafe wurden sie an den ersten beiden Haarnadelkurven innen ausgebremst (harhar), und Harri gleich hinterher. Als erster die Serpentinen hinunterzubügeln, das hat was. Unten im Pustertal ging es von Süd- wieder nach Osttirol, mit vielen anderen. Zahlreiche Überholmanöver später bogen wir in Richtung Kartitscher Sattel ab. Im Lesachtal kurvten wir noch bis nach Untertilliach, wo uns der Gasthof Wacht erwartete. Nach Bezug der Zimmer ging es in die Stube, die wir für uns ganz allein hatten. Es gab reichlich Schnitzel und alle wurden reichlich satt.
2. Tag
Nach dem Frühstück wurde aufgepackt und mit mir Jo, Harri., Richard und Ralf. Schönes Wetter, aber kalt. Hinter der Pension waren wir schon in Kärnten, das Lesachtal war durchzogen von hübschen Dörfern und kurvigen Straßen.
In Kötschach-Mauthen wurde getankt und dann den Plöckenpass hoch. Auf der anderen Seite gings hinab in vielen Kurven. Etwas warten war danach schon angesagt, aber bald brummten die anderen 4 XBRs heran. In Sutrio gings rüber nach Westen um kurz nach Zovello rechts abzubiegen. Zuerst führte das schmale Sträßchen noch über Asphalt durch den Wald hoch zum Monte Valsecca. Irgendwann war der befestigte Untergrund und der Wald zu Ende und der Spass fing jetzt richtig an. Die Wasserlachen auf dem Weg stellten eine weitere Herausforderung dar. Die Ausblicke über das Gortotal boten immer wieder Gelegenheiten zu Schnappschüssen.
Der Teer hatte uns bald wieder, der feuchte Belag war manchmal etwas schleimig, wodurch wir etwas länger in Tualis auf Johannes warten mussten. Er hatte unterwegs noch seine neuen alten Koffer eingeweiht und für schlagfest befunden. Über Sappada ging es nach Comelico und den Passo del Zovo. Nach Auronzo näherten wir uns den Dolomiten und wie sich bald darauf herausstellte auch der B-Gruppe, die von Peter und Gernot angeführt wurde. Eine XBR im Rückspiegel, da erwachte plötzlich der Kampfgeist. Wenn aber der Asphalt gut greift und die Kurvenradien passen, dann nützen auch 100 Fazer-PS nicht mehr viel….die Kurzenhatz war leider wieder viel zu schnell an der nächsten Abzweigung nach Cortina zu Ende. Erstmal angehalten und verschnauft, der ganze Haufen war zufällig wieder zusammen. Nach der Pause fuhren wir hintereinander los, um in Cortina den Weg hinauf zum Passo di Giau zunehmen. Über die Jahre bleiben zwar die Pässe gleich, der Straßenbelag jedoch umso mehr. Nach einigen Rutschern über Hinter- und Vorderrad oder auch gleich über beide musste man einfach einsehen, dass die Kombination aus rutschigem Teer und niedriger Temperatur besser eine touristische Fahrweise empfahl. Oben auf dem Pass hielten wir alle an und genehmigten uns einen Mittagssnack.
Der Wind war frisch und frostig, hinunter nach Selva di Cadore heizten uns die schönen Kurven wieder etwas ein. Ohne Pause fuhren die getrennten Gruppen gleich wieder zum Passo di Falzarego hinauf um wieder hinunter ins Gadertal nach Badia. Die Sellarunde ließen wir aus, da wir schon etwas spät dran waren. Viele schöne Kurven und zwei Supersportler später bogen wir zum Würzjoch ab. Die zügige Hatz forderte ihren Tribut und früher als gedacht, nämlich kurz darauf schaltete ich schon auf Reserve. Da war aber noch die Passauffahrt und die Abfahrt nach Brixen zu meistern, insgesamt 30 km. Oben auf dem Pass gab's ein kleines Päuschen (Kettenraucher Harri und Richard gaben wie bei jedem kurzen Stehenbleiben ihrer Sucht nach) wo wir die heranziehenden schwarzen Wolken bewundern konnten.
Die Reifenkontrolle ergab, daß da am Rand noch Nippel waren:
Ich ließ den Motor aus und rollte so die nächsten 23 km bis nach Brixen rein, die sparsamsten Kilometer meiner betagten XBR überhaupt. Den Schwung mitnehmend reichte es sogar dazu mit 70 km/h zwei Autos zu überholten. Die staunten nicht schlecht, als die stumme XBR auf Zehenspitzen an ihnen vorbeihuschte. In Brixen wurde die ersehnte Tankstelle gefunden und noch mal Luft holt (für die Bären gab's Sprit) für den Endspurt. Dabei nahmen die Mitfahrer es perplex zur Kenntnis, dass der Mitarbeiter einer Organisation für Sicherheit, ein gewisser Herr S. aus A., kein Problem mit offenem Feuer (Sargnagel) an der Tankstelle hatte.
Das Versenken des glimmenden Stengels im trockenen Gebüsch schien ebenfalls keine Bedenken auszulösen. Es musste wohl an der Luft in den südlichen Gefilden liegen. Gestärkt nahmen die XBRs wieder ihre Arbeit auf. In Brixen gings es rauf zu den kleinen Sträßchen, die sich hoch über dem Eisacktal entlangschlängeln und große Ausblicke bieten. In Feldthurns fehlte auf einmal Johannes. Wie sich herausstellte (dem Handy sei Dank) hatte Ralf gedacht, dass er hinter ihm sei, in Wirklichkeit war Jo in Brixen falsch abgebogen. Warum Richard aber seine XBR deswegen umwarf, sei es aus Solidarität, aus Langeweile oder Entkräftung, blieb ungeklärt.
Der aufgeführte Veitstanz ließ jedoch eher auf ein Versehen schließen. Unten im Tal bei Klausen trafen wir uns alle wieder. Die ersten Tropfen prasselten bereits und es war unvermeidbar: das schlechte Wetter hatte uns doch noch erwischt. Als ob es sich für unser bisheriges Glück rächen wollte schüttete es allen Kübeln. Und das auf der kurvigen Landstrasse, an der letzten Autobahnauffahrt vor Bozen waren wir schon vorbeigefahren, das war noch mal eine Herauforderung für Mann und Maschine. Bei Bozen bogen wir in Richtung Meran ab und der Regen ließ nach. Etwas spät, denn nach diesen Güssen musste jeder Regenkombi eingestehen, dass er diesen Wassermengen nicht gewachsen gewesen war.
Die Auffahrt hinauf zum Gampenjoch war trotz feuchter Straße noch ein versöhnlicher Abschluß, auch wenn die Temperaturen eher an Spätherbst als an Hochsommer denken ließen. Kurz nach dem Joch wartete auch schon unsere Herberge auf uns, der Gasthof zum Hirschen. Es war bereits Hans eingetroffen, der sich von nun an zur Tour dazugesellte. Die Zimmer waren sehr klein und man hatte Mühe die nassen Klamotten irgendwo unterzubringen, trocknen sollten sie ja auch noch. Die heiße Dusche brachte uns wieder ins Leben zurück und frisch gekämmt und geschneuzt trafen alle nach und nach am Essenstisch ein, wo uns das Abendessen schon erwartete. Ein paar alkoholische Getränke später fielen wir ins Bett, die Tagesetappe war auch die längste der Tour gewesen. Am
3.Tag
Wurden wir von Glockengebimmel und Kaiserwetter geweckt. Die Sonne strahlte bereits die Bergesgipfel an, ein blauer Himmel erwartete uns schon. Nach dem Frühstück wollte die A-Gruppe ungeduldig als erste aufbrechen und scharrte bereits mit den Hufen. Alle saßen bereits auf den XBRs und wollten los, aber – einer fehlte noch. Nach 15-minütigem Warten der Gruppe, einer komplizierten Aufrödelprozedur und einer gewissenhaften technischen Kontrolle der XBR hatte es Harri nur den knackig niedrigen Temperaturen zu verdanken, dass niemand der eingefrorenen Mitfahrer noch einmal abstieg, um ihm zum Ansporn einmal kräftig in den Hintern zu treten. Die Fahrt führte zunächst nach Fondo, um kurz danach nach Castelfondo abzubiegen. Die klare Luft und das Morgenlicht ließ uns über dem Lago di Santa Giustina zum Fotographieren anhalten.
Über ein enges, kurviges Sträßchen gelangten wir Lauregno, eine Strecke, die sogar mir unbekannt war. Die frisch geteerte Straße führte durch einen frischen Tunnel und vorbei an schönen Ausblicken hinüber ins Ultental, welches wir fröhlich schwingend wieder in Richtung Meran verließen. Die Fahrt durchs untere Vinschgau ist immer wieder lästig, viel Verkehr und ein mühsames Vorwärtskommen. Aber wenn man zum Stilfser Joch will, bleibt einem nichts anderes übrig. In Prad konnten wir endlich abbiegen und die lästige Kolonnenspringerei hinter uns lassen. Überraschend war an diesem Tag der geringe Verkehr, die relativ tiefen Temperaturen hielten wohl viele Tagesausflügler ab. Die Fahrt aufs Stilfser war wie immer flott, zahlreiche ein- und zweispurige Fahrzeuge mussten die wegen der zunehmenden Höhe etwas hustenden XBRs an sich vorbeifliegen sehen. Oben war etwas bewölkt und die Temperaturen bewegten sich nur knapp über Null. Da konnte nur eine heiße Bratwurst den Abfall der Körpertemperatur etwas bremsen bis die Gruppe wieder vereint war.
Gemeinsam ließen wir den Pferdchen der XBR hinunter nach Bormio ihren freien Lauf, zuerst wegen des kalten Teers etwas vorsichtiger, weiter unten dann etwas beherzter. In Bormio erwartete uns das übliche Verkehrschaos, man war froh, nicht in einem Auto zu sitzen.
Nach einer ausgiebigen Tankpause fuhren wir in Bormio erstmal im Kreis, es kommt zwar selten vor, aber auch ich verfahre mich mal. Hinauf ging's nach Santa Caterina Valvurva und weiter zum Passo di Gavia, an dem wir wegen der Frische nicht anhielten, sondern gleich weiterfuhren.
Die Abfahrt nach Süden ist immer wieder spektakulär, der Blick ins steil abfallende Tal und die schmale, nur einspurige Straße ohne Randsicherung. Bei vorausschauendem englischen Fahrstil kann man trotzdem flott unterwegs sein, wenn man den Abgrund neben sich gedanklich einfach ausblendet.
Auch hier gilt wie immer: Nur nicht hinsehen! Harri und Ralf folgten meiner wilden Hatz runter ins Tal, da plötzlich tauchte aus einem Baumschatten ein Fiat Panda auf, als ob er aus einem Wurmloch einer anderen Dimension flüchtete. Ein Panda ist normalerweise ein schmales Fahrzeug, aber bei 3 m Fahrbahnbreite wurde er auf einmal sehr, sehr breit, besonders wenn man mit 80 km/h auf ihn zustürzt. Es half in diesem Augenblick nur noch die ZEN-Schlüpftechnik: Sich auf den schmalen Spalt zwischen Auto und Hangmauer konzentrieren und denken:"Ich bin ganz schmal, meine breiten Koffer sind ganz schmal und der Panda ist nicht wirklich, sondern nur eine Illusion."
Das Unterbewusstsein wartete inzwischen auf den Knall eines sich in Sekundenbruchteilen atomisierenden Motorradkoffers -- der aber ausblieb. Ich hatte es tatsächlich geschafft! Das Adrenalin ebbte dann im Verlauf der weiteren Abfahrt wieder ab. Am Fuße des Passes fanden wir einen netten Gasthof mit großem Garten und vielen Gästen darin. Wir bekamen den letzten Tisch und wärmten uns am Holztisch in den Sonnenstrahlen.
Das Mittagessen entpuppte sich als Schlemmerei, als Vorspeise gab's Antipasti mit rrrotem Wein und Pasta mit Funghi als Hauptspeise. Sehr lecker. Gut gestärkt fuhren wir wir wieder weiter in Richting Edolo. In Monno bogen wir rechts zum Passo della Foppa ab. Die Auffahrt ist schon ganz hübsch bei vielen Kurven, die Abfahrt ins Valtellinatal hatte es aber in sich! Über 1200 Höhenmeter reihte sich Kurve an Kurve, scheinbar endlos, das war eine echte Überraschung.
Bei Sernio fanden wir das kleine Sträßchen, das zur Straße nach Aprica hinaufführt. Über den Passo di Aprica ließen wir es hinunter nach Edolo richtig laufen. In Malonno bogen wir ab und steuerten den Passo del Vivione an. Die Straße war gerade mal eineinhalb Spuren breit und schlängelte sich durch den Wald dem Pass zu. Ein ideales Terrain für die XBR also. Harri und Ralf hielten noch gut mit, meine entfesselte XBR war aber nicht zu bändigen und am Pass (Pässchen wäre angebrachter) kamen wieder alle zusammen und Johannes ließ es sich nicht nehmen, ein Gruppenfoto zu machen.
Den Höhepunkt des Tages hinter uns lassend schwingten wir dem Val Camonica zu. Über Boaria fuhren wir gemütlich zum Lado d'Iseo
und an diesem entlang bis nach Sarnico, wo wir die Gruppe B und gleich drauf unser Hotel Dosello fanden. Es ist schön über dem See gelegen uns die Balkone unserer Zimmer hatten eine perfekte Aussicht.
Ein erfrischendesBad später war es auch schon Essenszeit und alle Zehn fanden sich am Essentisch mit Aussicht wieder.
Die Gruppe A hörte vom Pech Christians, der sich mit seiner V max am Gardasee lang machte, zum Glück aber nicht den Abhang hinunterfiel. Christian klagte über schmerzende Handgelenke und wollte trotzdem am nächsten Tag weiterfahren. Er sah aber ein, sich am nächsten Morgen das noch mal zu überlegen. Ich versuchte ihm schonend beizubringen, dass sie gebrochen sein könnten, denn ich hatte so etwas schon einmal erlebt. Das Abendessen war ganz passabel im freundlichen Speisesaal und der Abend war noch ganz nett.
4. Tag
Beim Frühstück teilte Christian mit, dass er sich von seinen Garagenkumpels abholen ließe, die Schmerzen waren wohl zu eindeutig. Wie sich später herausstellte, war tatsächlich ein Handgelenk gebrochen und das andere verstaucht.
"Zehn kleine Alpentourfahrer, die taten sich ganz doll freun, da hat es einen hingehaun, da waren's nur noch neun."
Nach dem Frühstück machte sich die A-Gruppe davon, nach einem Tankstopp verließen wir den Lago d'Iseo und fuhren ein kleines Sträßchen in Richtung Casazza. Unterwegs hatte ich noch einen lautstarken Disput mit einem Autofahrer, der ausflippte weil ich ihn kräftig angehupt hatte. Kein Wunder, denn er war mir auf meiner Straßenseite im Rückwärtsgang mit Karacho entgegengekommen. Ein paar eindeutige Handbewegungen später war ich froh eine XBR zu haben und kein Fahrrad. Vor Casazza machten wir schon das erste Päuschen und genossen die tolle Aussicht über die Po-Ebene.
Über Cene und Ponte Nossa fuhren wir über den Passo della Crocetta. Die Strecken waren neu für mich, klein und kurvig, eine Gegend, in die man einfach selten kommt. Über San Pellegrino, die Bäder- und Mineralwasserstadt fuhren wir hinauf zum Passo di San Marco, wieder mal eine Pause einlegend.
Die Aussicht war nach beiden Seiten toll und wir trotzten dem frischen Wind eine Weile. Es nahte schon die Mittagszeit und bei der Abfahrt hielt ich die Augen nach einem leckeren Mittagstisch auf. In Albaredo gab es einen Wegweiser, es dauerte aber etwas, bis wir das Lokal auch fanden. Es war ein typisches Ristorante vom Lande mit einfacher, aber leckerer regionaler Küche.
Zu unserer Überraschung tauchte die B-Gruppe auch auf, sie hatte den Wegweiser auch gesehen. So spachtelten wir also zusammen bis die Ranzen gespannt waren. Als wir wieder nach draußen gingen, waren wir plötzlich von lauter mittelalterlich gekleideten Gestalten umringt. Aha, ein Kostümumzug mit den in Norditalien so beliebten Fahnenschwingern und Trommlern.
Wir schauten uns das Spektakel eine Weile an bevor wir uns wieder auf die Gäule schwangen. Peter war schon einige Zeit nicht wohl und er entschied sich gegen unseren Rat dafür, noch am gleichen Tag nach hause zu fahren.
"Neun kleine Alpentourfahrer, die haben ganz doll gelacht, da wurde einem schwindelig, da waren's nur noch acht."
Gruppe A und B fuhren für den Rest der Reise jetzt zusammen, denn erstens fehlte mit Peter ein Leitwolf, und zweitens waren die nächsten Routen leicht mit einer Achtergruppe zu fahren. Im Valtellinatal wurde es mal relativ warm und wir brauchten auf der Tunnelstrecke am Ostufer des Lago di Como nicht lange bis wir in Varenna die Fähre ans andere Ufer erreichten. Ich konnte noch schnell Tickets ergattern und schon ging es los.
Harri blieb ganz tapfer und hielt es ruhig auf der Fähre aus, obwohl ihm das Schiffefahren nicht so behagte. Für die anderen war es eine willkommene Abwechslung. Am anderen Ufer fuhren wir noch etwas am schönen Comer See entlang, bis wir hinauf nach San Fedele abbogen. Die Abfahrt hinunter an den Luganer See barg eine Überraschung: keine pingeligen schweizer Grenzer mehr! Nanu? Des Rätsels Lösung: Die Schweiz war vor kurzem dem Schengener Abkommen beigetreten. In der Schweiz fuhren wir ein Stückchen am See entlang, bis wir kurz vor der Rückkehr noch einmal den günstigen schweizer Sprit in die leeren Tanks rinnen ließen und bei einer Pause die wohlige Wärme genossen. In Brusampiano bogen wir in die Hügel ab zum Monte Piambello. In dem Gewirr der kleinen Sträßchen landeten wir plötzlich auf einer Schotterpiste, die fast alle hinter mir meisterten. An einer Aussichtsstelle im Wald ruhten sich die XBRs und ihre Fahrer zufrieden aus, auf Gernot und Mario warteten wir vergebens, sie hatten sich das nicht angetan.
Nach dem Zurückhoppeln fanden wir sie am Ende der Teerstraße wieder. Zum Lago di Ganna war es auch nicht mehr weit und bald hatten wir unsere Herberge (Villa Cesarina) gefunden. Auf den Fotos sah sie ja schon interessant aus, aber die Wirklichkeit war noch imposanter. Eine Jugendstilvilla die innen wie außen in einem gut erhaltenem Zustand war.
Die Zimmer waren auch dementsprechend eingerichtet, ein Gesamtkunstwerk sozusagen. Und das alles zu einem absolut fairen Preis. Das Ambiente hatte aber auch einen Hauch gruseliges, so als gleich ein schlurfender, buckliger Butler mit einem Kerzenleuchter um die Ecke biegen würde. Der Barmann/Kellner entsprach mit etwas Phantasie auch diesem Bild und wir feixten im Garten bei ein paar aperitiven Bierchen, ob wir am nächsten Morgen mit Bisswunden im Hals aufwachen würden, zumal wir offensichtlich die einzigen Gäste waren. Das Abendessen war auch ganz lecker und wir gingen zum Wein über.
Dieser Ort war wirklich was besonderes, ein Ambiente, wie man es selten findet.
Am nächsten Morgen, dem
5.Tag
wachten wir mit intaktem Hals auf und genossen das reichhaltige Frühstück im hübschen Frühstücksraum. Das Wetter stimmte auch und nach einer längeren Fotosession waren wir abfahrtsbereit und machten uns wieder auf den Weg nach Arcumeggia und den Lago Maggiore.
In Laveno nahmen wir die Fähre nach Verbania (Harri nahm's mit Haltung)
und fuhren über Gravellona zum Lago d'Orta und über kleine Sträßchen nach Borgosesia. Strecken, die man sonst links liegen lässt.
Wir bogen nach Trivero ab und hielten die Augen nach einem Mittagstisch auf. Ein kleines Schild führte uns zu einem abgelegenen Tennisplatz, an dem überdachte Tische standen. Es dauerte etwas, bis alle mal bei Tisch saßen. Die Leute dort waren sehr nett und die regionale Küche war auch sehr lecker. Hoch über der Po-Ebene fuhren wir weiter nach Westen, über den Bielmonte nach Beccara. Von dort wollte ich über die Berge zum Santuario di Oropa. Sollte uns eine riesige Verbotstafeln an der Auffahrt hindern? Wohl kaum!
Eine Absperrung? Bah!
Die Sandstrasse die sich in eine Schotterpiste mit Schlaglöchern verhandelte? Ach was!
Anhalten wollte ich aber trotzdem nicht, das Gezeter wollte ich mir nicht antun. Ein Umweg wäre enorm weit gewesen. Einige Höhenmeter und schottrige Kurven später traute ich mich an einer Aussichtkurve dann doch, von dort wäre die Hälfte der Strecke erreicht gewesen.
Es tauchte allerdings nur ein kleiner Trupp auf.
Der Rest hatte einfach aufgegeben und hatte wieder umgedreht. Tjaaaa, zurückfahren und erstmal eine Pause bis sich die aufgeregten Gemüter wieder beruhigt hatten. Ich quatschte mit einem italienischen Endurofahrer, der mir bestätigte, das es nicht mehr weit gewesen wäre. Er wollte für uns vorausfahren und uns durch Biella nach Westen lotsen. Das tat er dann auch. Der Weg nach Graglia wurde auch noch gefunden und über Donate ging es über schmale Sträßchen hinunter nach Settimo Vittone. Ein paar Kilometer weiter überquerten wir schon die Grenze zum Aostatal und jeder hatte nach dem vielen Gekurve eine Pause nötig. In Pont St. Martin fanden wir am Stadtplatz eine Bar im Schatten wo es für jeden etwas Erfrischendes gab.
Der Kurven waren wir immer noch nicht überdrüssig und entschieden uns für einen kleinen Schlenker am Abend. In Verres bogen wir in Richtung Val d'Aya ab. Kurz darauf musste ich bereits auf Reserve schalten, na und, es kommt doch bald eine Tankstelle. Kam aber nicht. In Brusson wollten wir wieder ins Aostatal abbiegen. Gernot sagte mir dass Hans bereits auf Reserve geschaltet hatte und Harri quäkte was von einer Tankstelle in einer paar Kilometern, sein Garmin hätte das gesagt. Wie sich später herausstellte, stand leider seine XBR in die falsche Richtung… Das Schlusslicht Johannes hatte seinen Tunnelblick eingeschaltet und donnerte in voller Fahrt an uns vorbei.
Es brauchte drei Kilometer, bis ich ihn wieder eingefangen hatte.
(Anmerkung Johannes: Tja......)
Von Brusson waren es nur ein paar Kilometer bis zum Col di Joux, von dem es in einer langen schönen Abfahrt wieder ins Aostatal nach St. Vincent hinunterging. Um Sprit zu sparen, ließ ich es wieder rollen. Unten wartete ich lange auf die Mitfahrer, bis ich die Nachricht bekam, dass Hans das Benzin noch vor dem Pass ausgegangen war. Ächz! Schnell getankt und wieder hoch zu Pass. Tatsächlich, kurz danach stand der arme Hans mit der trockenen XBR. Nach dem Betanken ging's wieder die 17 km ins Tal runter. Die letzten Kilometer nach Aosta legten wir großteils auf der Autobahn zurück. Dort mussten wir uns erstmal durch die Stadt kämpfen (hier war Harris Garmin mal nützlich) bis wir unser Ziel, das Sweetrock Café, fanden.
Ein lustiger Schuppen, mit einfachen, günstigen, aber netten Zimmern. Die Dusche war nach dem langen Tag auch dringend notwendig. Unten füllte sich mittlerweile das Lokal und es war freies Essen angesagt, d.h. es gab keine Halbpension, sondern jeder bestellte sich was à la carte. Mal was anderes, eine Art "Hardrock Café".
Die Ohrenstöpsel waren notwendig, um eine ruhige Nacht zu haben, denn erst ab 2 hwar Schluss in der Bar. Für den nächsten Tag war ein Ruhetag vorgesehen.
6.Tag
Am Morgen war keine Eile angesagt, es hatte geregnet, es war noch frisch und wir hatten keine Eile. Vor dem leeren Café frühstückten wir richtig italienisch (Cappucino mit Hörnchen) und waren fit wie ein Turnschuh.
Wir wollten uns in zwei Gruppen aufteilen, wobei Gruppe A mit mir den Aufstieg zum Matterhorn wagen wollten. Es ging zunächst wieder in Richtung Osten, um dann in Richtung Breuil abzubiegen. Dort im Ort musste erstmal der Einstieg zum Rifugio degli Abruzzi gefunden werden. Ich machte mich allein auf den Weg, während Ralf, Johannes, Hans und Richard im Ort ein Päuschen machten. Nach 15 min und zahlreichen Abstechern war die richtige Schotterpiste gefunden und wir hoppelten über zahlreiche Serpentinen nach oben. Leider zogen Wolken auf und verdeckten die großartige Sicht auf das Matterhorn. Die Wanderer, die wir mit lautem BUBBUBBUB überholten schickten uns giftige Blicke hinterher, wobei wir aber ausnahmsweise kein Verbot missachteten, denn die Strecke war nicht gesperrt. Als wir endlich am Rifugio auf sage und schreibe 2800m angelangt waren, hüllten uns die Wolken ein und wir standen im Nebel, nix war's mit der Aussicht.
Enttäuscht machten wir trotzdem noch einen Fotosession "XBRs im Nebel". Skurrile Atmosphäre.
Auf der Abfahrt ließ ich den Motor aus und rollte die vielen Serpentinen wieder noch unten.
An zahlreichen Aussichtspunkten ließen sich Fotos machen, wenn erst die Wolken nicht gewesen wären!
Unterwegs konnte ich sogar zwei Mountainbiker überholen (wie gesagt, ohne Motor), was sie anscheinend bei der Ehre packte. Unten verarztete Richard bereits seine XBR, er hatte sich zwischendurch mal langgemacht, nahm's aber diesmal mit Humor. Nach und nach trudelten (besser gesagt: hoppelten) alle ein und wir stellten fest, dass unsere Mägen lautstark eine Nahrungsaufnahme forderten. Wir beschlossen auf dem Weg runter ins Aostatal uns nach etwas passendem umzusehen. Direkt unterhalb der Straße fanden wir einen Gasthof der in malerisch in einer kleinen Schlucht lag, mit Tischen im Freien und einer Köchin, die auch im Freien am großen Grill werkelte.
Wir entschieden uns für Antipasti und Fleisch vom Grill, dazu etwas roten Wein. Plötzlich rief Gernot an und teilte mit, dass die B-Gruppe in Breuil stand. 15 Minuten später saßen sie bei uns am Tisch.
Es schmeckte ziemlich lecker. Zusammen fuhren wir danach zurück zum Sweetrock Café, zu einer weiteren Ausfahrt hatte keiner mehr Lust, zumal sich von Westen dicke, schwarze Wolken näherten.
Um die Zeit zu nutzen, machte ich mich auf den Weg, um das Restaurant "La Pomme Couronnée" zu finden. Ich hatte für das Abendessen bereits seit Wochen vorreserviert.
Es sollte im kleinen Dorf Gressan auf der anderen des Tals liegen. Die Suche danach gestaltete sich dann auch schwieriger als gedacht und ich war im nachhinein froh, bereits am Nachmittag diese Odyssee vollbracht zu haben, denn am Abend bei Dunkelheit und Regen.. Es fing zu tröpfeln an und ich kam immer höher, von dem Dorf keine Spur. Mehr durch Zufall entdeckte ich dann auf der Rückfahrt ein Schild am Straßenrand, das mich nach einiger Irrfahrt endlich zum guten versteckten Restaurant führte. Von außen sah es schon mal interessant aus. Es heißt nicht umsonst "Der gekrönte Apfel", denn jedes Gericht soll Apfel (aus eigenem Anbau) enthalten.
Bei der Rückfahrt zur Herberge regnete es leicht, und ich machte mir Gedanken, wie wir am Abend gestylt dort aufkreuzen würden, denn in Ledermontur und tropfnass sollte es nicht sein. Es blieb noch genug Zeit, um uns aufzubrezeln. Schließlich war es soweit und wir machten uns auf den Weg. Bei der Ankunft (war ich froh, den Weg zu kennen!) fing es wieder zu tröpfeln an. Gerade noch rechtzeitig erreichten wir das rettende Vordach. Leider waren wir noch zu früh und standen noch vor verschlossener Türe. Als wir endlich hinein durften, gab's eine Überraschung:
Der Patron sah in sein Buch und teilte mir mit, dass er keine Reservierung für uns hätte. Da hatte ich ja noch das Bestätigungs-e-mail – aber ich hatte es im Zimmer gelassen! Die Situation war sehr unangenehm, denn das Lokal war nicht sehr groß, aber zum Glück konnte ich den etwas säuerlich wirkenden Chef noch überzeugen, uns einen großen Tisch zu geben.
Das T-Shirt von Ralf war der Renner: weibliche Bunny-Kamele. Die Speisekarte war valdostanisch gehalten, d.h. in italienisch mit französisch gemischt, mit so leckeren Sachen wie Kaninchenterrine mit Foie Gras und Apfelsauce, Gnocchi ragù di trevisana mit einer Soße aus getrockneten Äpfeln und Parmesan oder Kalbsfiletmedallion mit Apfelmost.
Dazu einen feinen Rotwein aus dem Aostatal, empfohlen vom Patron, der im Laufe des Abends immer freundlicher wurde und in einer Mischung aus Italienisch und Französisch plauderte. Vielleicht wurde ihm klar, dass hier keine Horde von Hell's Angels bei ihm eingefallen war. Das Essen war dann auch ausgezeichnet und der Abend ein schöner Abschied für Mario, der am nächsten Tag wieder nach Hause musste. Am Ende lud uns der Patron noch auf einen besonders feinen Grappa ein und ließ uns noch Produkte des Apfelhofes probieren. Auf Nachfrage erklärte er dass es sich um Apfelgrappa (was sonst?) handelte und dass man ihn nicht kaufen könne, weil es so wenig davon gäbe. Der freundliche Abschied war der Kontrapunkt zum Empfang und nach der Heimfahrt krochen wir zufrieden in die dicken Betten, dank Ohrenstöpsel und Wein ungestört von der Barmusik.
7. Tag
Morgens frühstückten wir wieder im Freien vor der Bar, das Wetter war sogar etwas sonnig. Auf der Schnellstrasse ging es nach Westen bis Morgex, wo auch die XBRs noch ihr Futter bekamen. Von dort biegt die Auffahrt zum Colle San Marco ab, ein kurviges Schmankerl am Morgen, der auch einen kurzen Abstecher zu Fuß mit großartiger Aussicht auf den Mont Blanc bietet (siehe Alpentour 2003). Oben auf der höchsten Stelle hielten wir alle an und ich fuhr ein paar Kilometer zurück um dann wieder umzudrehen, denn auf der Passhöhe gab's was zu feiern:
250.000 km XBR!
Tataaaaa! Die anderen XBRs hatten sich zum Ehrenspalier aufgestellt und es gab viel Applaus. Zur Feier des Tages hatte ich mir eine kleine Flasche Schampus besorgt, mit der die XBR begossen wurde.
Für den Fahrer und die Mitfahrer gab's natürlich auch etwas ab.
Solche Jubiläen gibt es natürlich selten, das nächste Ziel sind klarerweise die 300.000 km. Hoffentlich schaffe ich es irgendwann einen ausführlichen Bericht über diese Zeit mit der XBR zu schreiben, ich habe es Johannes seit sieben Jahren schon versprochen!.
Die Fahrt ging weiter zum kleinen Sankt Bernhard und auf der schönen, flotten Abfahrt hinunter nach Seez. Nach einer Pause verabschiedete sich Mario von uns, sein Freigang von der Familie war leider schon zu Ende.
"Acht kleine Alpentourfahrer, die ließen es gern fliegen, da musste einer heim nach Haus', da waren's nur noch sieben."
Die restlichen Ritter der Kokosnuß machten sich auf den Weg durch das Isère-Tal zum geographischen Pass-Höhepunkt dieser Tour, dem Col de l'Iseran auf 2764 m. Es gibt schönere Pässe, aber ein Klassiker ist er allemal.
Auf der Abfahrt kehrten wir in einem kleinen Dörfchen noch mal ein und machten gepflegt Mittag. Über Lanslebourg und Modane führte die Route weiter nach St. Michel und der Auffahrt zum Col du Galibier (2642 m), einem weiteren Klassiker der französischen Hochalpen. Denzel schreibt dazu: "…gilt mit seiner hervorragenden Aussicht als einer der interessantesten französischen Alpenpässe***."
Fahrerisch sind die hohen Pässe natürlich eher unspektakulär für eine unter Höhenluft leidenden XBR, dafür wird man landschaftlich entschädigt. Kleine, flitzige Strächen gibt es sowieso immer reichlich auf einer XBR Alpentour.
Kurvig geht es hinunter zum Col du Lautaret, wo sich die Straße teilt und wir in Richtung Westen abfuhren. Bei Mizoen ging es hinauf zum Col de Sarennes, eine wenig befahrene Strasse, die aber durch eine sehr trockene, fast versteppte Landschaft führt.
Auf dem Pass hat man tolle Aussichten auf schneebedeckte Viertausender. Von dort ist es nicht mehr hinüber nach Alpe d'Huez, wo uns der touristische Rummel empfing. Auf einer Fahrt durch den Ort war keine Tankstelle zu finden, erst etwas unterhalb fanden wir den lang ersehnten Sprit. Noch eine kurze Pause, und dann stürzten wir uns in die Abfahrt, die wieder mit Straßenmalereien à la "Ulle" oder "Lance GO!" gepflastert waren. Die Kurven schienen kein Ende zu nehmen, erst recht wenn man sich vorstellt, mit welcher Geschwindigkeit die Radprofis während der Tour de France hier nach oben rauschen.
Unten im Tale bogen wir bei Le Bourg d'Oisans in Richtung Col de la Croix de Fer ab, ein gemütliches abendliches Dahinschwingen auf den letzten Pass, der wieder durch karge Hochgebirgslandschaft führte.
Es war etwas frisch und bewölkt geworden und wir waren froh, bald am Ziel zu sein. In St. Jean d'Arves suchten wir kurz den Weg zur Herberge, gelangten aber bald zum Hotel Beausoleil.
Von der Sonne war zwar nicht viel zu sehen, aber bei feuchtfrischem Wetter ist man froh, eine warme Unterkunft zu haben, und nicht auch noch ein Zelt aufbauen zu müssen. Nach dem Frischmachen ging's auch schon zum Aperitif an die Bar. Das Abendessen (Halbpension) war einfach, aber gut. Jeden Tag kann man natürlich nicht so schlemmen wie tags zuvor. Eine italienische/internationale Gruppe sorgte im Speisesaal noch für Lebhaftigkeit. Ein paar Bierchen später fuhren wir noch ein paar Kurven hinauf zur Liegestätte.
8. Tag
Am nächsten Morgen erwartete uns ein durchwachsenes Wetter, Wolken, Nebelschwaden, Sonnenstrahlen und eine nasse Fahrbahn. Die Temperaturen waren entsprechend. Nach dem Frühstück zuckelten wir los. Gemütlich natürlich, denn die Haftung war ja noch sehr dürftig. Das Arves-Tal war aber ganz nett, richtig malerisch. In St. Jean de Maurienne wurde der Einstieg zum Col de Chaussy gesucht. In Ermangelungeiner guten Karte fuhren wir über Hermillon und nicht über Pontamafrey, daher verpassten wir das beste Stück mit den vielen Serpentinen. Der Rest der Strecke war aber trotzdem schön, vom Wetter mal abgesehen. Nach dem Pässchen führte die Straße zur Auffahrt zum Col de la Madeleine, auch so einem Tour de France Klassiker. Die Strecke wäre ein Genuß, aber bei nasser Fahrbahn ist eher eine touristische Fahrweise angesagt. Oben auf dem Pass verkrochen wir uns erstmal in der Hütte, um uns bei Heißgetränken wieder etwas aufzuwärmen.
Es regnete zwar nicht richtig, aber Kälte, Nebel und Nässe kühlten die XBR-Treiber doch mächtig aus. Die Abfahrt war leider noch geprägt von Rollsplit, da hatte sich in zwei Jahren nicht viel geändert. Über Schnellstraßen ging es nach Albertville und von dort weiter bis nach Ugine. Es war schon Mittagszeit und im Ort suchten wir nach einem Lokal. Unfassbar: es war alles geschlossen! Vor der Auffahrt zum Aravis-Höhenweg sollten wir aber schon noch was zu uns nehmen, denn so schnell würde uns nichts mehr über den Weg laufen. Die einzige Möglichkeit: Vier Gockel frisch vom Grill auf dem Wochenmarkt. Hähnchen wäre der falsche Ausdruck, denn französische Viecher sind wahre Brummer im Vergleich zu deutschen Wiesenhof-Mickerlingen. Auf die Parkbank gesetzt, das Messer gezückt und ran an den leckeren Vogel! Ein malerisches Bild: Sieben Rocker im Park, die sich ohne Besteck schlürfend mächtiges Federvieh einverleiben.
Aber geschmeckt hat's! Nachdem wir die Geflügelleichen in den Abfallkörben entsorgt hatten, konnte die Auffahrt zur Aravis-Höhenstrasse beginnen. Leider fuhren wir auf nassem Untergrund und mit jedem Höhenmeter auch tiefer im Nebel. Am Ende sah man kaum die Hand vor Augen.
Aber das Sträßchen war trotzdem nett, meist nur eineinhalb Spuren, aber mit vielen Kurven. Und vielen Aussichtspunkten.
Theoretisch.
Ohne Nebel. Nun ja. Unten zurück im Tal ging es auf der Hauptstraße weiter zum Col des Aravis, leider bei Getröpfel. Die Regenkombis hatten wir eh schon an. Das darauffolgende Tal war sehr hübsch, nur der Nieselregen störte ein wenig. Nach Clusaz bogen wir nach Thones ab, der Horizont wurde langsam heller, das Wetter besserte sich! Kurz vor Annecy hatte uns die Sonne wieder, richtig warm wurde es trotzdem nicht. Noch einmal Futter fassen für die Pferde und hinein ins touristische Getümmel von Annecy.
Dort gab es auch mal etwas Verkehr, nach sovielen freien Kurven auf ruhigen Sträßchen ein ungewohnter Anblick. Ein hübscher Ort, dort hatte ich aber vergeblich um eine freie Unterkunft gesucht. Wir ließen aber die Stadt hinter uns und strebten dem Wald über dem See zu, auf zum Endspurt! Noch einmal den Hahn auf und die Kurven rauf –oha, ein Aussichtspunkt – und wieder den Berg runtergeflitzt. Unten wurden mir die Rauchpausen zweier Mitfahrer beinah zuviel. Es ist ja schon schwer genug, bei jedem kurzen Stehenbleiben und Warten an einer Kreuzung sofort zwei Glimmstengel aufflammen zu sehen, aber wenn das schon in eigenem Stehenbleiben einreisst....ich wahrte angesichts des nahen Ziels die Contenance und drängte weiter.
Über Leschaux und den Col de Plainpalais streben wir weiter nach Westen, unserem Tages und Endziel zu, immer noch bei Sonnenschein, wollte uns der Wettergott doch noch versöhnen? Über Trevignin und vorbei an etlichen Kühen
erreichten wir schließlich nach gut 3000km unser Ziel: Aix-les-Bains, am Lac Bourget gelegen.
Die letzten Kilometer ließen wir uns von Harris Garmin leiten, dafür war erschon gut. Unsere Unterkunft mußte erst gefunden werden, wenn man erstmal vorbeifährt, dauert es natürlich etwas länger. Die Unterkunft war noch einmal ein krönender Abschluss: ein prunkvolles Hotel mit eigenwilliger Empfangshalle, die sich über viele Stockwerke nach oben zieht.
Und das ganze aber noch zu sehr zivilem Preis. Architektonisch natürlich sehr interessant und Gernot knipste sich wie bei der Villa Cesarina wieder die Finger wund. Die Zimmer waren im Vergleich zu manchen Vortagen durchaus edel eingerichtet. Dementsprechend hatte ich zuvor wochenlang nach so etwas gesucht, zumal ja noch der weitere Höhepunkt bevorstand: das abendliche Abschlußessen. Zuerst stand aber ein ausgiebiges Körperpflegeprogramm an. Einige Stunden später waren wir ausgehbereit und warfen uns in Schale: Alle mit langer Hose und in frischem Hemd. Das hatte ich schon seit längerem so angeordnet, denn zum Abschluß wartete noch ein besonderer Höhepunkt auf die Alpentourfahrer, vom dem sie noch nichts wußten: Ein Besuch im "La Grange à Sel" in Bourget,
ein familiäres Restaurant mit hübschem Garten (leiders war dafür zu kalt) und einem Michelinstern als Auszeichnung(!). Nach zehnminütiger Fahrt fanden wir endlich dort hin. Die Helme und Jacken mussten wir mit ins Lokal nehmen, auf die Reaktion des Service war ich schon gespannt. Diese fiel überraschend positiv aus: mit professioneller Gelassenheit und Freundlichkeit wurden unsere Jacken verstaut und unsere Helme auf einem Extratisch zwischengelagert. (Alpentour 2005 033)Der Speisesaal war sehr rustikal mit Mauern aus Bachsteinen, trotz des Sternes aber nicht ungemütlich steril, sondern eher familiär und unkompliziert. Für uns war bereits ein Tisch reserviert und auch die Tatsache, dass wir nur 7 statt der angekündigten 10 Leute waren brachte die Kellner nicht aus der Fassung.(IMG_1430) Die Tafel war festlich gedeckt und die Speisekarte ließ einiges erwarten. Allein Hans war enttäuscht und teilte uns mit, dass er zwei der Gänge ausfallen ließe, denn er ißt keinen Fisch.....Pech für Hans, Glück für die anderen!Die Gerichte waren sehr exquisit und man merkte sehr schnell, dass der Stern nicht von ungefähr verliehen wurde. Zum Auftakt gab es Thunfischtartar mit kalter Tomatensuppe und Flusskrebs, zum Reinlegen!
Als zweiten Gang (Hans verspeiste schon mal die Garnitur) gab's Fisch in der Sesamkruste mit grünem Spargel und karamelisiertem Gemüse)
Als Hauptgericht erwartete uns in einen Speckmantel gehülltes Schweinefilet mit Rosinen.
(Anmerkung Johannes: Sorry irgendwie habe ich ab hier die Nerven verloren mit der Bildearbeiterei (pro Bild ca 5 min und ich bin jetzt bei Nummer 70.... und bevor der Bericht nie fertig wird stell ich das jetzt lieber so rein. Außerdem braucht Ihr ja nur mal mitfahren dann kommt Ihr selbst in den Genuß von Kurven und leckeren Speisen......)
Zum Nachtisch gab es ein g'schmackiges Waldfrüchte-Dessert
(Alpentour 2005 034)
Und zum Café noch ein paar Leckerli, die "Mignardises".
(Alpentour 2005 035)
Das war nochmal ein toller Abschluß der Tour gewesen! Zufrieden steuerten wir unsere XBRs an und machten uns auf den Heimweg. Nach einigen Umwegen fanden wir wieder zum Hotel und krochen in die Betten. Am nächsten Tag stand leider die Heimreise an.
9. Tag (Heimfahrt)
Am Morgen trafen wir uns nochmal im prächtigen Speisesaal des Hotels und labten uns am Frühstücksbuffet.
(IMG_1440)
Vor dem Hotel richteten wir danach Hans umgefallene XBR auf und packten unsere Sachen auf die Mopeds. Bei feuchtem Wetter. Wir verabschiedeten uns voneinander, (etwas zu früh, denn wir trafen uns später wieder auf der Autobahn wo wir ein Stückchen zusammen fuhren) und Johannes, Hans und ich machten uns auf den Weg, zuerst irren wir auf der Suche nach einer offenen Tankstelle etwas umher, bis wir es aufgaben und auf die Autobahn zu einer Raststätte fuhren. Die Route war quasi vorgegeben: Hinauf nach Genf (Abstecher vorbei am Pont de Caille) und an der Grenze eine Vignette gekauft. Langsam regnete es immer heftiger, und da lagen noch 600-700 km vor uns! Da hilft nur die stoische Technik: Die Wahrnehmung auf den Verkehr reduzieren und das Hirn ausschalten. Über Lausanne weiter nach Bern. Nochmal getankt, Pause gemacht. Weiter nach Zürich, wo Johannes sich ausklinken wollte. Zum Abschied schickte er Hans und mich noch in die falsche Richtung, was wir aber erst nach 20 km merkten: wir fuhren in Richtung Chur! Abgefahren und frustriert festgestellt, dass es mir nass eingegangen war. Ich suchte die Nummer von Matthias aus Winterthur uns stellte fest, dass ich sie nicht dabei hatte. Mist! Also nochmal zuück nach Zürich und ab nach St. Gallen. Bei Margarethen war tanken angesagt und ich versuchte auf dem Klo meine komplett bis auf die Haut durchgeweichten Sachen unter dem Handföhn etwas trocken zu kriegen. Das war mühsam und nur bedingt erfolgreich. Mir war mittlerweise klar geworden, an was es lag: Die lange Sturmhaube saugt sich am Hals mit Wasser voll uns transportierte es per Kapillarkräfte effektiv unter den Kombi und die Jacke. Der Rest der Fahrt war noch ein Horrortrip, feucht bis auf die Knochen und kalt. Im Allgäu hörte es zum Glück zu regnen auf und Hans und ich wärmten uns bei McDoof vor dem Endspurt noch etwas auf. Die Fahrt nach München war nochmal frisch, aber irgendwann war auch das geschafft. In München verabschiedeten wir uns voneinander und nach einer weiteren halben durften endlich die heiße Badwanne endlich meine Körpertemperatur wieder stabilisieren.
Fazit: Wiedermal eine lange Tour mit Bequemlichkeitsfaktor. Leider war das Wetter etwas durchwachsen und "für die Jahreszeit zu kalt". Viele neue Strecken sorgten dafür, dass das unbekannte Straßennetz im Alpenraum immer mehr zusammenschmilzt.
Nachtrag Jo: bleibt dem Robert zum Danken für die wahnsinns Superausarbeitung der Tour incl kulinarische High-Lights und den schon lange bei mir wartendenen Bericht!!!!!!!