hallo,
1. nachsatz zu choice: also mein vorgehen bezog sich auf eingebaute federn, und die zentralmutter auf dem lenkschaft habe ich vergessen zu erwähnen.
2. ich habe da noch einen kurzen beitrag von 'mini' koch aus dem MOTORRAD-katalog von '91- absolut lesenswert!
ich verabschiede mich schon mal...
EIER-TANZ
Motorräder reagieren meist sehr sensibel auf Mängel am Fahrwerk, doch die Ursachen dafür können recht unterschiedlich sein. Liegt kein grundlegender Konstruktionsmangel vor, kann die Schwäche oft durch eine genaue Kontrolle der einzelnen Bauteile gezielt behoben werden.
Die Harmonie von Fahrwerkseinstellung, Reifenkombination und präziser Radführung durch einwandfreie Lagerstellen wird bei den starken und schnellen Maschinen immer wichtiger. Aber auch leichte, wendige Motorräder laufen nur dann einwandfrei, wenn alle Bauteile ordentlich funktionieren. Als eines der wichtigsten Bauelemente gelten die Reifen. Sie stellen den Kontakt zwischen den meist sehr steifen Rahmenkonstruktionen und der Straße her. Durch seine Bauart und die Ansprüche, die an ihn gestellt werden, muß ein Motorradreifen aber außer der Stabilität auch eine gewisse Federwirkung aufweisen. Das heißt, der Reifen verformt sich durch Stöße, Bodenwellen, Querrillen oder unter starker Belastung, der vordere etwa beim Bremsen. Diese Verformung soll den Fahrkomfort erhöhen, harte Stöße, die Gabel und Federbein nicht schlucken können, vom Fahrer fernhalten. Doch sie bringt auch Nachteile mit
sich. Die Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten wird oft durch eine zu weiche Karkasse, so heißt der Unterbau, der aus verschieden angeordneten Textilgeweben besteht, beeinträchtigt. Profilgestaltung, Fadenmaterial und -Anordnung sind entscheidende Faktoren beim Reifen. Je nach Aufbau der Karkasse unterscheiden sich konventionelle Diagonalreifen, Diagonalreifen mit zusätzlichen Gürtellagen und reine Radialreifen voneinander. Jede Bauart hat ihre spezifischen Eigenschaften und beeinflußt das Fahrverhalten eines Motorrads zum Teil beträchtlich. Aus diesem Grund benötigen Reifen meist eine Freigabe durch den Fahrzeughersteller oder den zuständigen Technischen Überwachungsverein. Aber die Praxis zeigt, daß auch dann noch deutliche Unterschiede im Fahrverhalten und in der Fahrstabilität vorhanden sind. Deshalb können Probleme mit der Stabilität oder dem Lenkverhalten durchaus von einer für dieses Motorrad
unpassenden Reifenpaarung herrühren. Wer Reifenmarke oder Reifentyp wechseln will, sollte darauf achten, daß sich das Fahrverhalten nicht verschlechtert. Welche Reifenkombination für welchen Fahrzeugtyp geeignet ist, kann entweder aus den MOTORRAD Langstreckentests entnommen werden, oder man nutzt die Erfahrung seines Händlers, der meist sehr genau weiß, wie die Maschine auf eine Umbereifung reagiert.
Der richtige Luftdruck ist natürlich Grundvoraussetzung dafür, daß ein Reifen sicher und stabil führt. Erhöhen des Luftdrucks um bis zu 0,3 bar bei hoher Zuladung steigert die Steifigkeit und schützt die Karkasse vor Überhitzung durch starke Walkarbeit.
Sind die Reifen in Ordnung, müssen weitere Fehlerquellen an den Lagerstellen des Fahrwerks gesucht werden. Speziell das Lenkkopflager spielt hierbei eine große Rolle. Bei zu strammer Einstellung wird das Motorrad bei langsamen Geschwindigkeiten und Kurvenfahrt nervös und kippelig, es fährt nicht mehr zielgenau. Ständige Lenkkorrekturen sind erforderlich. Pendeln bei hohen Geschwindigkeiten und instabiles Fahrverhalten beim Anbremsen sind Zeichen dafür, daß die Lagerschalen eingelaufen sind und die Wälzkörper in den Vertiefungen der Lagerschalen einrasten. Lenklager sind entweder als Kugel- oder Rollenlager ausgebildet, sie werden gerade beim Bremsen stark belastet. Die Überprüfung der Lager ist denkbar einfach: Die Maschine so aufbocken, daß das Vorderrad frei in der Luft hängt. Dann mit leichten Bewegungen den Lenker um die Mittelstellung hin und her drehen. Ist dabei eine schwergängige Stelle zu spüren, sollte das Lager ausgebaut und sein Zustand begutachtet werden. Vorher aber noch eine Gegenprobe: das Lenkkopflager um gut eine Umdrehung lösen. Ist die Schwergängigkeit verschwunden, liegt die Ursache tatsächlich an den defekten Lagerschalen. Zu beachten ist in jedem Fall, daß die Freigängigkeit der Lenkung nicht durch Seilzüge, Kabel oder Bremsleitungen beeinträchtigt wird. Die exakte Einstellung ist oft ein langwieriger Akt, da sich mit dem Kontern der Einstellmutter auch das Spiel wieder verändert.
Einfacher ist da schon die Überprüfung der Schwingenlager. Rad ausbauen, Federbein abschrauben und dann an den Schwingen-Enden rütteln. Zu großes Spiel ist leicht zu fühlen.
Dasselbe gilt für die Lager in den Umlenkhebeln der Federung. Dieses Spiel wird überprüft, indem die Schwingen-Enden bei völliger Entlastung auf und ab bewegt werden. Mehr als fünf Millimeter Höhenspiel an der Hinterachse sollten nicht toleriert werden. Bei diesem Vorgang kann ein Helfer sehr einfach analysieren, an welchem Gelenk der Verschleiß am größten ist. Er muß nur die Lagerstellen während der Auf- und Abbewegungen mit der Fingerspitze abtasten. Zuviel Spiel in der Aufhängung führt bei kurzen Stößen zum Stempeln des Hinterrads, da die Bewegungen nicht mehr über die Dämpfung kontrolliert werden. Aber auch schwergängige Lagerstellen in der Umlenkung können Probleme hervorrufen. Denn dann reagiert die Federung unsensibel, zum Teil bleibt das Fahrzeugheck regelrecht in der eingefederten Stellung stecken.
Bei extrem schwergängigen Lagern im Federbeinauge kann die Stoßdämpfer-Kolbenstange durchaus wegen der Biegebelastung brechen oder zumindest verbiegen. Das Maschinenheck wird für die
Überprüfung auf und ab gewippt. Die Federung soll dabei fein ansprechen und ausschließlich durch die Dämpfung etwas verlangsamt in ihren Ausgangspunkt zurückfedern. Auf keinen Fall sollte das Heck nachwippen (Zugstufendämpfung zu gering) oder aber zäh und extrem langsam ausfedern (Zugstufendämpfung zu hoch).
Für einwandfreie Fahrstabilität ist es wichtig, daß alle tragenden Rahmenteile fest verschraubt sind. Das heißt: Ein Motor mit tragender Funktion (wie bei vielen Brückenrahmen) oder verschraubte Rahmenunterzüge müssen einwandfrei befestigt sein. Lockere Rahmen- oder Motorverbindungen machen den Rahmen instabil und weich.
Lenkkopflager
Nur korrekte Einstellung garantiert einwandfreie Funktion
Gabel
Ölviskosität und Gabelölstand beeinflussen Federung und Dämpfung
Vorderachse
Sie muß, wenn möglich, spannungsfrei montiert werden
Federbein
Die Dämpfung kann nach größerer Laufleistung nachlassen
Schwingenlagerungund Hebelumlenkung
Sie müssen korrekt eingestellt und spielfrei sein
Die Telegabel ist eines der sensibelsten Bauteile am Fahrwerk. Deshalb folgende Funktionen überprüfen:
• Leichtes Ansprechverhalten aus der Nullage heraus.
• Fester Sitz der Achsklemmungen.
• Gleicher und korrekter Gabelöstand und richtige Ölviskosität. Nicht die Füllmenge, sondern das Luftpolster zwischen Gabeloberkante und Ölstand in ganz eingetauchtem Zustand ohne Feder ist ausschlaggebend. Über dieses Luftpolster läßt sich die Progression der Federung beeinflussen. Ein großes Luftpolster ist komfortabel, bringt aber weniger Federhärte, ein kleines Polster schafft viel Federprogression, schränkt aber den Komfort etwas ein.
• Zusatzluft bei Gabeln mit Luftunterstützung sollte so niedrig wie möglich gehalten werden, sie verschlechtert das Ansprechverhalten der Gabel beträchtlich.
• Bei Verstellmöglichkeiten der Dämpfung immer von der Grundeinstellung (Fahrerhandbuch) ausgehen. Eine Überdämpfung der Gabel bringt Probleme mit dem Ansprechverhalten und Lenkerschlagen mit sich. Deshalb gilt hier, wie auch am Hinterrad, die Regel: so weich wie möglich, so hart wie nötig.
• Federbasis nur anheben, wenn eine Notwendigkeit vorliegt (Durchschlagen, zu wenig Bodenfreiheit, zu starkes Eintauchen unter statischer Belastung). Generell gilt für alle Federn, daß eine Anhebung der Federbasis die Feder nicht härter macht, sondern nur das Verhältnis von Negativ- und Positivfederweg verändert.
Am Hinterradfederbein gelten folgende Regeln zur Einstellung:
• Zuerst wird kontrolliert, ob der Negativfederweg der Belastung entsprechend einjustiert ist. Dabei gilt die Faustformel: Maschine mit Fahrer und Zuladung soll, gemessen vom ganz ausgefederten Zustand, rund 25 Prozent des Gesamtfederwegs eintauchen. Damit verbleiben 75 Prozent Positivfederweg.
• Dazu wird der Abstand der Hinterachse zum Rahmenheck in völlig entlastetem Zustand gemessen, dann unter statischer Belastung mit Fahrer und Zuladung. Die Differenz ergibt den Negativfederweg. Durch Verstellen der Federbasis am Federbein wird dieser Wert einjustiert.
• Wer die Federung durch Absenken der Federbasis weicher machen will, erreicht bei progressiven Federsystemen genau das Gegenteil. Denn durch das Absenken kommt die Umlenkkinematik in den harten Bereich, Komfort und das Ansprechverhalten verschlechtern sich.
• Die Dämpfung wird auch hier zuerst nach den Angaben im Fahrerhandbuch eingestellt, erst wenn die Notwendigkeit besteht, wird von dieser Position abgewichen. Ein Fehler, der hier oft gemacht wird: Bei Fahrwerksunruhen wird meist die Dämpfung zugedreht, nach dem Motto: Viel hilft viel. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Eine Überdämpfung bringt auch hier Nachteile, bis hin zu extremen Pendelbewegungen bei schnellen, welligen Passagen. Das Hinterrad kann dann nicht schnell genug die Bodenunebenheiten ausfedern. Es wird quasi durch die hydraulische Dämpfung zu stark an seinen notwendigen Federbewegungen gehindert.
Im Zweifelsfall also auch ruhig einmal eine weichere Dämpfereinstellung ausprobieren. Speziell schlechte Straßen machen eine weiche Dämpfung und ein exaktes Ansprechen notwendig.
• Die Dämpfung sollte nur bei höherer Zuladung und angehobener Federbasis in Richtung hart verändert werden, dagegen benötigen leichte Fahrer eine eher weiche Dämpfereinstellung sowohl in der Zugstufe, die beim Ausfedern wirkt, als auch in der Druckstufe, die beim Einfedervorgang in Aktion tritt. Die Druckstufe unterstützt die Feder und kann bei hoher Zuladung dem Durchschlagen der Federung entgegenwirken.
MiniKoch
MOTORRAD KATALOG 1991